Werte Leser, folgender Text ist 1984 entstanden. Damals steckte gerade die Erforschung und der Kenntnisstand der Bücher des Mittelalters noch sehr in den Kinderschuhen. 

Nach dem Lesen des Textes findet Ihr eine schöne Anmerkung eines Kenners seines Faches. Vielen herzlichen Dank dafür. 

ich wünsche viel Spaß beim Lesen.
 
Jeglicher Input, der des Wissen über die geschichtliche Entwicklung des Fechtens erweitert, ist herzlich willkommen. Schreibt bitte an This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.


Sprachliche Entwicklung des Wortes Fechten

Interessanterweise hat jedes europäische Land für das Wort Fechten eine spezifische Bezeichnung in der jeweiligen Landessprache entwickelt. Vergleicht man nun diese Wörter untereinander, so lassen sich daraus Sprachwurzeln erkennen die bis in die Zeit der Völkerwanderung zurückreichen.

Da unsere europäischen Sprachen aus dem Indo-germanischen entstanden sind, haben sie Ihre Wurzeln in Asien.

Im indischen Sprachgebrauch finden wir für Fechten: carma, als Substantiv und carman als Verb. Verwandt sind damit das persische carm, das kurdische cerma, das afghanische sarman, das griechische parme und das lateinische parma. Diese Wurzeln zeigen sich im Altdeutschen skirmen, skrimen(unserem 'schirmen'), im Altnordischen skirrna und im Holländischen schermen. Aus skrimen und skermen entstand dann bei den Provinzialen escrimir, in Frankreich escrime und in Italien scherma.

All diese Wörter haben dieselbe Bedeutung:

Verteidigen, sich verteidigen, beschirmen, abschirmen, kämpfen und sich wehren

Aus dieser Gemeinsamkeit der Sprachmrrzel erkennen wir, daß das Fechten schon weitaus früher stattgefunden haben muß, als wir je angenommen haben.

Spuren im Altertum

Ägypten

Vielleicht der früheste Bericht über ein Fechtturnier erscheint auf einem Relief am Tempel von Madinet-Habu in der Nähe von Luxor der von Ramses III. etwa 1190 v.Chr. erbaut wurde. Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß dies das Abbild eines Übungswettkampfes ist und nicht etwa eines Duells oder eines wirklichen Kampfes. Die Fechter benutzten Schwerter mit gut geschützten Spitzen und tragen Masken mit Latz, die an den Ohren gepolstert sind.


(siehe Wittmann, D. Fechtkunst in der Lit.,S3)

Griechenland

Auch erhalten gebliebene Werke griechischer Schriftsteller berichten über Fechtwettkämpfe, wobei diese Art Wettbewerb nicht zu den olympischen Disziplinen gehören konnte, da die Spiele nur in Zeiten des absoluten Friedens durchgeführt wurden und der Gebrauch von Waffen verboten war. Auf griechischen Amphoren sehen wir, welche Art Schwerter Verwendung fanden. Da ist einmal das XIPHOS, ein kräftiges und langes Schwert. Außerdem das SPATHE, das länger und breiter war. Im militärischen Bereich allerdings waren diese Waffen bedeutungslos, da man sich hauptsächlich den fernwirkenden Waffen, wie Pfeil und Bogen bediente.

Rom

Erst im römischen Imperium gewann der Gebrauch planker Waffen beim Kampf Mann gegen Mann an Bedeutung. Es wurden Fechtschulen gegründet, deren Vorbild die griechischen Gymnasien waren. Gekämpft wurde mit dem sogenannten GLADIUS. Die Kämpfer, die mit dem Schwert umzugehen verstanden, wurden daher auch Gladiatoren genannt. Sie waren hochbezahlte Berufskämprer und mußten beim Kampf Mann gegen Mann oder auch mit wilden Tieren des öfteren ihr Leben lassen. Um gut ausgebildet zu werden, wurden sogenannte 'Ladistae' eingesetzt. Sie waren die ersten Fechtmeister der Weltgeschichte. Trotz all dieser Institutionen kam es zu keiner Weiterentwicklung des Fechtens.

Germanen

Unsere Vorfahren, die Germanen, bevorzugten die schweren Waffen und waren ob ihrer furchtbaren Hiebe überall gefürchtet. Von keltischen Waffenschmieden hatten sie das Schwert aus Bronze, das viel härter war als alle übrigen.

Mittelalter

Rüstungen und Schwerter

Machen wir nun einen großen Sprung ins Mittelalter, wo wir einen neuen Anhaltspunkt in der Entwicklung des Fechtens finden. Die Ritter benutzten zwar immer noch lange Schwerter, die als Hiebwaffen dienten, aber sie gebrauchten nun auch Schild und Panzer (Harnische), für Mann und Pferd, um gegnerische Angriffe zu parieren. Zu dieser Zeit setzte sich der Kampf Mann gegen Mann auf dem Felde immer mehr durch. Wurden die Gladiatoren im alten Rom zum Zweck der Schaukämpfe in der Arena ausgebildet, so gab es nun schon öffentliche Turniere in denen sich Ritter zum Wettstreit gegenüber standen, sei es zu Pferd oder zu Fuß. Das war die große Zeit der Fechtmeister, da jeder Ritter einen für sich beanspruchte, um auf diesen Turnieren bestehen zu können.

Durch die Erfindung des Schießpulvers konnte der Gegner aus der Ferne unschädlich gemacht werden. Die Schlachten bei Morgarten/Schweiz und bei Ampfing/Bayern (1315-1322) zeigten, daß das leicht bewaffnet Fußvolk beweglicher war als die schwerfälligen, geharnischten Ritter.

Eine Epoche neigte sich dem Ende zu! Das ganze Fechten bekam eine neue Orientierung. Die Komponenten der rohen Kraft und der Brutalität, sowie die schwere Panzerung, die bis zu diesem Zeitpunkt den maßgeblichen Einfluß auf Sieg oder Niedelage hatten, wurden nun Schritt für Schritt durch Agilität, List und schwächeren Schutz ersetzt. Die sich entwickelnde Technik bestand im wesentlichen darin, möglichst geschickte Angriffe und universelle Verteidigungsaktionen zu erlernen. Diese Aktionen wurden geheim gehalten und von den Fechtmeistern bei entsprechender Bezahlung nur dann weitergegeben, wenn der Schüler den Schwur leistete, die Aktionen nicht weiter zu geben.

Der Bidenhander

 Der Bidenhander

Durch die Abschaffung der schweren Rüstung wurde der Weg frei für eine neue Fechtweise. Es entstanden die Bidenhander, entwickelt aus den gotischen Langschwertern. Diese waren zwischen 1100 mm und 1400 mm lang und 4 kg schwer.

Der Griff war für zwei Hände gedacht, außerdem befanden sich dort wuchtige Parierhaken und Parierstangen. Er wurde mit der linken Hand nahe dem Knopfe oder direkt am Knopfe erfaßt und mit der rechten Hand nahe an der Parierstange gehalten. Die Handhabung dieser Waffe erforderte große Muskelkraft. Die Hiebe wurden im Kreis geschlagen und die Spitze kam nur selten zum Einsatz. Die Bezeichnungen der Hiebe trugen dieselben Namen wie die des alten Schwertes und des Dusacks.

 

Das Fechtmesser

 Das Fechtmesser

Da der Bidenhander sehr unhandlich war, wurde das 'SKRAMASAX', auch 'Fechtmesser', entworfen. Die Klinge war ca. 60 cm lang und 4,5 - 5 cm breit und hatte eine kurze Parierstange. Um Verletzungen mit scharfen Waffen im Übungsbetrieb auszuschalten, kam man auf die Idee, das Fechtmesser einer Waffe als Holz zu imitieren. Dieser "DUSACK' wurde die erste reine Sportwaffe mit der unterschiedliche Techniken von verschiedenen Meistern vermittelt wurden.

Um 1570 lehrte Joachim Meyer bereits die Auslage, die Hiebe, die Nebenhiebe, und den Stich. Seine Schule beinhaltete schon den Ausfall, verschiedene Schrittbewegungen und die Haltung des unbewaffneten Armes. Zu dieser Zeit hielten die Herrscher nicht viel davon, sich in der Kriegskunst ausbilden zu lassen.

Um Kriege führen zu können nahmen sie Söldner in ihre Dienste. So ist es nicht vemunderlich, daß sich der Gebrauch des Fechtmessers vor allem unter den Bürgerlichen ausbreitete. Es entwickelten sich vor allem in den freien deutschen Reichsstädten die sogenannten Fechtzünfte. Dort hatten Fechtmeister die Aufgabe die Bürgerwehren auszubilden. Es entstanden in Nürnberg die 'Meister des langen Schwerts' und die 'Marxbrüder', in Prag die 'Freifechter von der Feder'.

 

Die Renaissance

Italien

Im 17. Jahrhundert verschwand diese Fechtweise spurlos und mit ihr die Fechtzünfte. Was tat sich aber zur gleichen Zeit in den Nachbarländern der deutschen Kleinstaaten? In Italien entwickelte sich das Fechten auf ein damalig sehr hohes Niveau. Die bedeutendsten Autoren des XVI. Jahrhunderts waren: Marozzo, Agrippa, Grassi und Viggiani. Im Jahre 1553 brachte Camillo Agrippa sein Werk Trattato di scientia d'arme' in Rom heraus. Er ist der Begründer des Stoßfechtens und viele seiner Bezeichnungen für Einladungen und Paraden sind heute noch in Gebrauch (z.B. prima, seconda, terza, quarta). Grassi publizierte 1580 den Titel 'Ragioni di adoperare sicuramente l'arma' und unterschied als erster die verschiedenen Teile der Klinge: forte, per parare; centro, per attacare; debole, per fingere e ferire. Er weist auf die Notwendigkeit hin, mit der Schneide zu parieren und führt als erster Eisenschläge ein. Das Fechten wandelte sich zunehmend vom 'Spiel der Schneide' zum Stoßfechten.

Gegen Ende des XVI Jahrhunderts erschien das Werk 'Lo Schermo' von Salv. Fabris. In seiner Abhandlung über das Fechten erschienen folgende Begriffe: trovar di spada (Bindung), cavatione, cavatione di tempo und die contracavatione. Die Fechtstellung im heutigen Sinne wird als guardia eingeführt und Fabris lehrte den Ausfall sowie passatto sotto.

In dieser Zeit wurde die Theorie der Verteidigung und des Angriffs umgestaltet. Der Angriff wurde bis dahin als vorrangig erachtet und das Parieren ohne gleichzeitig zu schlagen wurde als Fehler betrachtet. Erst ansatzweise setzte sich das Parieren und Repostieren in 'dui tempi', wie wir es heute kennen, durch.

In vielen italienischen Städten, wie Rom, Bologna und Venedig, entstanden blühende Fechtschulen. Jede Stadt hatte ihre Fechtschule und jede Fechtschule ihre Methode. Um diese Kunst wieder aufleben zu lassen wurden viele Fechtmeister in eine Reihe europäischer Länder gesandt.

Spanien

Zur gleichen Zeit wurde in Spanien das Rapierfechten entwickelt. Diese Kunst zu fechten isolierte sich bald von den anderen, da sie steif und zu sehr theoretisch betrieben wurde. Die italienische Fechtschule zeichnete sich durch lebhafte und schnelle Bewegungsabläufe aus. Im Gegenteil hierzu versuchten die Spanier aus der Fechtkunst eine eher mysteriöse Wisssenschaft zu machen, welche Kenntnisse der Geometrie, Philosophie und Metaphysik erforderte.

Eines der bedeutensten Fechtwerke Spaniens im XVI. Jahrhundert wurde von J.Carranza (1569) herausgegeben und soll inhaltlich, dieser Epoche entsprechend, eine Mischung aus Mathematik und Hirngespinsten sein. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die lebendige italienische Fechtschule beinahe überall in Spanien Fuß fassen konnte und den Umgang mit dem Rapier verdrängte.

Frankreich

In Frankreich waren vor dem XVI. Jahrhundert in erster Linie italienische und wohl auch spanische Fechtmeister tätig. Ebenfalls brachten deutsche Söldner, die im Dienste des französischen Königs standen, die alte deutsche Fechtschule der Marxbrüder nach Frankreich. Erst in den Jahren 1560-1570 begann sich eine eigene französische Fechtschule zu entwickeln, so daß die italienischen bald von einheimischen Fechtmeistern abgelöst wurden. Während sich die Italiener mit dem Degen begnügten, führten die Franzosen eine weitere Waffe ein: das FLORETT. Unter König Ludwig XIV. begann die Glanzzeit der französischen Fechtkunst. Er gründete die "königliche Akademie der Fechtkunst", wo man nach strenger Prüfung den Titel "Maitre enrait d'armes" erhalten konnte. Um das Gesicht bei Übungen zu schützen, wurden sogenannte "Drahtgittermasken" entwickelt.

Diese neu entstandene Fechtkunst war nun ausschließlich dem Adel vorbehalten. Es war die Zeit der Edelmänner für die jeder geringfügige Streit, jede Schmach oder Beleidigung Grund genug war, den Degenzu ziehen und sich um der Ehre willen zu duellieren.

Die systematische Weiterentwicklung der Fechtkunst führte dazu, daß im XVII. Jahrhundert jede angesehene Schule ihre Regeln für das Assaut hatte und großer Wert auf Fechtstil gelegt wurde. Es wurde zunehmend Wert auf eine saubere Ausführung der Aktionen gelegt und Danet beschreibt 1787 die Vorteile des Übens von korrekt ausgeführten Übungsreihen mit der Waffe. Das Fechten wurde als Vergnügen betrachtet und ist daher dem heutigen Sportfechten schon sehr verwandt.

 

Deutschland

Auch in deutschen Landen frönte man der italienischen Fechtkunst. Großen Einfluß erreichte die Dynastie der Fechtmeister Kreussler, die von 1600 bis 1750 den Unterricht an Universitäten und in höfischen Kreisen leitete.

Die Befreiungskriege gegen Napoleon zogen den Verfall der Fechtkunst nach sich. Die Studenten waren empört über nicht eingehaltene Freiheitsversprechungen und leisteten massiven Widerstand. Es kam zu aufsehenerregenden Studentenunruhen, so daß an allen deutschen Universitäten der Gebrauch von Stichwaffen verboten wurde. Die Studenten mußten sich nun in gewissen Hinterzimmern irgendwelcher Gasthäuser 'schlagen'.

Daraus entwickelte sich das sogenannte Studentenfechten. Florett und Degen wurden immer weiter vernachlässigt und der Säbel erfreute sich allgemeiner Beliebtheit, vor allem bei den Militärs. Die Ausbildung mit dem Säbel wurde allerdings auf seinen Einsatz im Ernstfall ausgerichtet und es kam zu keiner Entwicklung im Sinne einer Fechtkunst.

 

 

Entwicklung des Sportfechtens

Die neuere Geschichte des Fechtsports in Deutschland nahm im Jahre 1862, mit der Gründung des FechtclubsHannover, ihren Anfang.

Besondere Bedeutung hatten nach wie vor die Heeresfechtschulen, als bevorzugte Waffe galt der Säbel. In den 90er Jahren war, vor allem in Berlin, ein starkes Aufleben der Fechtkunst zu verzeichnen. So kam es, daß sowohl 1896 die erste Deutsche Meisterschaft, als auch 1900 der erste Deutsche Fechtertag in der Reichshauptstadt Berlin veranstaltet wurden. In diesem Jahr konnten erstmals deutsche Fechter im Ausland an den Start gehen.

Erst 1912 wurde im Deutschen Turnerbund der Fechtverband gegründet, sodaß 1913, die ersten offiziellen Meisterschaften stattfinden konnten. Der durchschlagende Erfolg deutscher Fechter erfolgte 1928 bei den Olympischen Spielen in Amsterdan. Helene Mayer gewann die erste Goldmedaille, Erwin Casmir im Herrenflorett die Silbermedaille. 1929 wurden die ersten Europameisterschaften abgehalten. 1930 betrug die Mitgliederzahl der Fechter in Deutschland bereits 12000. Während des Dritten Reichs erfuhr der Fechtsport besonderen Aufschwung. Mit SS Gruppenführer Heydrich, einem excellenten Säbelfechter, hatte der Fechtsport einen mächtigen Förderer. Der Beginn des Krieges unterbrach jäh diese Entwicklung. Bis etwa 1950 stagnierte der Fechtsport in Deutschland total. Aber bald ging es meder aufwärts und bei den Weltmeisterschaften 1955, die erstmals mit dem Elektroflorett ausgetragen wurden, war Deutschland wieder dabei.

Im wesentlichen wurde in Deutschland nach der italienischen oder der französischen Fechtschule unterrichtet.

Mit der Gründung der Fechtabteilung in Tauberbischofsheim unter Leitung von Emil Beck wird eine neues Konzept zur Ausbildung von Fechtern erarbeitet. Die Weiterentwicklung der Fechtwaffen begünstigte eine athletische, schnelle und dennoch präzise Fechtweise. Aus diesen Anforderungen heraus wurde ein systematisches Baukastensystem entwickelt, das von dem Ballast der vielen Faustlagen und Positionen mit den sich jeweils daraus ergebenden Aktionen befreit ist. Alle wichtigen Paraden, Bindungen und Klingenschläge werden aus der fünften Faustlage ausgeführt und mit den jeweils sinnvollen Stoßmöglichkeiten eingeübt.

Des weiteren werden alle Aktionen mit den gängigen Varianten der Beinarbeit kombiniert, sodaß die Aktionen für den Angriff und für die Verteidigung gleichermaßen eingesetzt werden können. Durch dieses systematische Vorgehen erfolgte eine Konzentration aller möglichen Aktionen auf die Wesentlichen ohne die Agitationsmöglichkeiten des Fechters einzugrenzen. Mit dieser Neugestaltung der Fechtweise distanzierte man sich klar von der italienischen sowie der französischen Schule, sodaß sich die deutsche Fechtschule herauskristallisierte. Es ist daher nicht verwunderlich daß eine neue Ära des deutschen Fechtsports begann und die Tauberbischofsheimer an die Weltspitze drängten. In den 70-90er  war der Deutsche Fechterbund der erfolgreichste der Welt. All seine Erfolge aufzuzeichnen, würde diesen Rahmen sprengen.

Literarischer Abschluß

Was die Definition des Begriffs 'Fechten' betrifft, so hat Moliere's Ausspruch auch heute noch Gültigkeit:

"Fechten ist die Kunst, Stöße auszuteilen, ohne solche zu erhalten. Die Notwendigkeit, den Gegner zu berühren, seinen Stößen auszuweichen, macht die Fechtkunst außerordentlich schwer und kompliziert; denn das Auge, das sieht und vorbeugt, der Verstand, der abwägt und entscheidet, und die Hand, die ausführt, müssen durch Genauigkeit und Schnelligkeit miteinander in Übereinstimmung gebracht werden, um der Waffe das notwendige Leben zu verleihen."

(siehe Wittmann, S.55)

Literaturhinweise

Die Fechtkunst in der Literaur, F. Wittmann

Moderne Fechtkunst, G. Ristow

Deutsche Fechtkunst, M. Schröder

Die Entwicklungsphasen der europ Fechtkunst, E. Lochner

Waffen des Abendlandes, R P. Zeller

Illustrierte Geschichte d. Waffen u Rüstungen, F. Wilkinson

Das Stoßfechten, L. Barbasetti

Fechtlegende von Tauberbishofsheim, R.Möll

Bilder aus

Fechtbüchlein, Schmied-Komazik

 

(C) Autor: Florian Weiß 2021

 

Update März 2023

Ich freue mich hier ein Update von einem aufmerksamen Leser präsentieren zu dürfen. 

"Ich finde es wichtig in einer Geschichte zum Thema Fechten deutlich zu machen, dass der heutige Fechtsport nicht im Sinne einer „Spitze der Evolution“ die „bessere“ Kampftechnik darstellt, sondern es eine Entwicklung gibt, die in einen Kontext eingeordnet werden muss.

Jede Waffengattung und die damit verbundene Kampfkunst ist an ihre Nutzung und den sozialen Kontext geknüpft: Evtl. ist es notwendig, dass ein Soldat eine Kampfkunst für die Schlacht innerhalb weniger Wochen Aubildungszeit lernen konnte. Auf dem Schlachtfeld ist das Leben eines Einzelnen unter militärischen Gesichtspunkten vielleicht weniger wert als eine funktionierende Strategie. In einem Duell ist es unter Umständen aus politischen oder religiösen Gründen untragbar, dass der Kontrahend getötet wird. Bei einem Überfall in einer Straße ist jeder schmutzige Trick erlaubt und der Überfallene wäre froh, wenn er eine effektive Allzweckwaffe dabei hätte, die ihn gegen eine Übermacht schützt, oder gar ein Montante. Doch damit könnte er nicht täglich zur Arbeit gehen. Und es sich leisten vermutlich auch nicht.

Ein langes Rapier hat einen Reichweitenvorteil gegenüber einer kürzeren Waffe. Aber im Alltag ist es sehr unpraktisch und gegen einen gerüsteten Ritter wäre es völlig unbrauchbar. Das ganze spielt aber auch keine Rolle, wenn die Klingenlänge des Rapiers vom spanischen Königshof vorgeschrieben ist – anders als in Italien. Heute ist das Fechten zu einem Spiel geworden, bei dem es darum geht, Punkte zu machen. Dafür müssen einheitliche Regeln herhalten, damit niemand mit einem Speer antritt, vor allem nicht mit einer scharfen Spitze...

Diese Liste könnte man vermutlich endlos so weiterführen. Ich denke, dass daran aber deutlich wird, dass es somit keine Hierarchie unter den Waffengattungen gibt. Es ist der Kontext, der bestimmt, welche Waffe genutzt wird und wie man damit ficht. Dieser Punkt kommt leider immer viel zu kurz, da sich viele heute Sportfechter (nach meinem Eindruck) nicht mit diesem Kontext befassen oder es in Frage stellen. Warum ficht man auf einer Bahn und bewegt sich nicht einfach frei im Raum? Warum darf ich nicht beide Hände zum kämpfen nutzen?

Und warum sollten sie auch? Es ist ja nur irgendein Sport, gleichgestellt mit Basketball, Judo oder Bouldern. Ich glaube aber, dass für viele junge Menschen durchaus der Gedanke am Anfang steht „Ich würde gerne mit einem Schwert kämpfen – naja, geht nicht, dann mach ich das, was dem am nächsten kommt und gehe Sportfechten“. Das soll aber nicht so klingen, als sei HEMA das bessere Fechten. Eine Stärke des modernen Sportfechtens ist es auch, dass es sich ganz auf den sportlichen Wettstreit konzentrieren kann. Es muss sich nicht mit komplizierten Einordnungen herumschlagen. Das ermöglicht erst den ernsthaften Vergleich von körperlicher, sportlicher Leistung - während im HEMA (Historical European Martial Arts) immer nach dem Kontext gefragt werden muss. Also „Hätte dieser Hieb ernsthaft verwundet?“, oder „Kann der Gegner nach dem Stich ins Bein noch einen Gegenangriff – oder drei – ausführen, bevor er kampfuntauglich ist?“, oder „Wie würde sich der Kampf verändern, wenn meine Klinge 10cm kürzer wäre?“. Somit stellt das Sportfechten im heutigen Sinne eine Reglementierung da, die einfach eine gänzlich andere Sichtweise auf das Thema Fechten einnimmt. Und das im Guten wie im Schlechten. Sich dieser Sache bewusst zu sein, finde ich aber wichtig, wenn es um eine Einordnung geht, zumal die Grenzen auch im HEMA bereits wieder verschwimmen. Denn auch dort gibt es inzwischen genügend Vereine, die letzlich Sportfechten betreiben, lediglich mit langen Schwertern und anderen Regeln.

Ein ganz anderer Punkt: Um eine Entwicklung zum Sportfechten darzustellen, würde ich zunächst außerdem alle militärischen Anwendungen und Waffen ausklammern. Das ist zwar auch verallgemeinert, aber letztenendes geht es ja um das Duell – eins gegen eins.

Dazu fällt mir der Gerichtskampf ein, der mit einem Duellschild ausgefochten werden konnte.

Auch Liechtenauers Techniken mit dem Langen Schwert könnte man in diesem Kontext sehen: Jemand wurde zum Duell verpflichtet und hat noch einige Zeit und das nötige Kleingeld, sich darauf vorzubereiten und nimmt Unterricht bei einem Fechtmeister. Das „Sidesword“ als Übergang zum Rapier; das Rapier im zivilen Umfeld sowohl in Italien als auch Spanien passt da rein und dann der Übergang zum Degen usw. Es ist aber unbedingt zu betonen, dass keine der Kampfkünste in irgendeinem Land besser oder schlechter gewesen sind und deshalb verdrängt wurden. Vielmehr hat sich der Kontext verändert, in dem sie gebraucht wurden. Ein Ritter in einem Plattenharnisch ist nicht besser oder schlechter als ein Musketier. Er lebte in einer anderen Zeit, die andere Anforderungen gestellt hat. Die italienische Fechtweise mit dem Rapier war in ihren Anfängen der spanischen sehr ähnlich und hat sich durch räumliche Trennung und damit anderen Anforderugen angepasst. La Verdadera Destreza hat einige sehr gute Anworten auf italienische Fechtkunst parat. Aber es ist eine Fechtkunst, die der spanischen Elite (im Sinnung von Bildung und Reichtum) vorbehalten war. Die italienische Kampfkunst war da im ursprünglichen Sinn populärer, also besser zugänglich, einfacher und damit weiter verbreitet. Und das ist vermutlich eine sehr vereinfachte These, die in Wahrheit viel komplexere Zusammenhänge aufweist.

Interessant ist auch die Entwicklung der Klingenwaffen ansich. Ich würde hier auf die Veränderung der Klingenform und des Handschutzes im Laufe der Jahrhunderte eingehen. Beides hat auch die Fechtkunst enorm beeinflusst.

Bildmaterial kann ich leider keines zur Verfügung stellen, weil ich keine eigenen Bilder habe und an anderen nicht die Rechte habe.

https://wiktenauer.com gibt aber eine gute Übersicht an Quellen.

Ich finde es spannend, dass du erwähnst, wie 1986 noch kaum Quellen zum historischen Fechten aufgearbeitet worden waren. Meiner Meinung sind wir da zwar einerseits inzwischen weiter fortgeschritten. Gleichzeitig hat es nur wenige Jahrzehnte gebraucht, um aus einer reinen Aufarbeitung bereits wieder eine Weiterentwicklung in eigene Richtungen zu machen. HEMA blüht gerade auf und begeistert immer mehr Menschen. Zugleich wird die wissenschaftliche Herangehensweise wieder aufgeweicht und eine „Versportlichung“ setzt ein. Plötzlich ploppen Tuniere auf, in denen man mit einem Meyer-Rappier gegen ein Spanisches Rapier antreten kann. Seltsam, wo doch diese Waffen nie dafür geschaffen waren, sich zu begegnen. Der DDHF vergibt Medallien und Trainerscheine. Dabei geht es im HEMA nicht um den Wettkampf - oder doch?

Insgesamt begrüße ich diese Entwicklung nicht aber bedauere sie auch nicht. Denn am Ende profitieren alle davon, dass man sich damit beschäftigt und Freude daran haben. Gleichzeitig finde ich es wichtig, dass man die Einordnung des Ganzen nicht aus dem Auge verliert.

Und dann ist das natürlich alles mein persönlicher Standpunkt. Andere mögen das wieder ganz anders sehen ;) ".

Vielen lieben Dank an Manuel Thomé für seinen wertvollen Input. :-) 

Solchen Austausch finde ich persönlich sehr wichtig und förderlich für die Berichtigung angestaubten Wissens und der Verbesserung des allgemeinen Kenntnisstandes für unseren schönen Sport: Das Fechten. 

 

 

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